Schwarzpulver - Zutaten - Produktion und Ende der Pulvermühlen
Wenn man heute zu den Ruinen der Pulverfabriken geht, findet man noch die Infrastruktur der Mühlen: Obergräben, Untergräben, Reste von Überläufen und auch noch Mauerreste der Gebäude.
Aber welche Produktionsschritte in welchem Gebäude wie vorgenommen wurden, will oder konnte mir bisher niemand erklären. So versuche ich nun, ein wenig über die Produktion von Schwarzpulver zu erzählen.

Schwarzpulver besteht aus Salpeter, Schwefel und Holzkohle. Ein Chemiker erklärt es ganz einfach: Holzkohle und Schwefel brennen gut, und Salpeter sorgt als Katalysator für die nötige Sauerstoffzufuhr. Bei der blitzartigen Verbrennung wird in aller kürzester Zeit die 300 fache Menge an Rauchgas frei. Wenn sich das Rauchgas nicht frei ausbreiten kann, kommt es zu einer großen Sprengkraft. Außerdem sorgt die Verbrennung für große Hitze.

Diese Wirkung nutzte man im späten Mittelalter bis in die Neuzeit für Sprengungen im Bergbau und auch in Steinbruchbetrieben. Zum anderen war Schwarzpulver die Grundlage für eine neue Waffentechnik, wie Gewehre und Kanonen.
Aber zunächst müssen die drei Zutaten von Schwarzpulver sinnvoll gemischt und verdichtet werden. Dies geschah in Pulvermühlen.
Zu den Zutaten:
Holzkohle war das geringste Problem. Es gab Wälder genug und auch Köhler, die Erfahrung mit der Herstellung von Holzkohle hatten. Für wertvolles Patronenpulver wurde die Holzkohle aber nicht in Meilern, sondern in Retorten gewonnen. Hier konnte eine absolute Reinheit besser gesichert werden. Durch die Beimischung von Rinde vom Faulbaum wurde das Pulver rauchlos.
Schwefel kam aus Bergwerken. Zum Beispiel in Ostdeutschland aus dem Harz oder aus Sizilien. Auch hier kam es auf absolute Reinheit an, wenn hochwertiges Pulver produziert wurde.

Salpeter als überwiegende Zutat in ausreichender Menge zu bekommen, war schon problematischer. Es gab eine Berufsgruppe, die Salpeterer. Diese Menschen kratzten den Salpeter in Ställen und Abwassergruben von den Wänden. Auch wurde mit Urin und Kot von Menschen und Tieren Salpeter in speziellen Anlagen gewonnen. Erst als der weltweite Handel aufkam, konnte Salpeter auch in großen Mengen z.B. aus Ostindien oder Südamerika bezogen werden. Wer genug Salpeter hatte, konnte reichlich Schwarzpulver produzieren.
Doch bis zum fertigen Produkt war es noch ein weiter und gefährlicher Weg. Zuerst mussten die Zutaten sehr fein zerkleinert und fast zu Staub gemahlen werden. Dies geschah mit Kollergängen. Das sind zwei aufrecht stehende Mühlräder (Kalandersteine) die sich in einem Trog drehten. Alternativ wurden auch Stampfen eingesetzt. Es musste penibel darauf geachtet werden, das sich die Zutaten nicht vermischten. Denn sobald alle Zutaten zusammen waren, waren sie extrem explosiv. Um dies zu vermeiden wären eigentlich mehrere Mahlgänge, die auch räumlich voneinander getrennt waren, sinnvoll.

Wenn genügend Rohmaterial zur Verfügung stand, wurde dieses im richtigen Verhältnis miteinander gemischt. Hier wurde auch Wasser zugegeben. Zum einen wurde dadurch Staub gebunden, zum anderen wurde die Explosionsgefahr verringert, wenn die Masse anschließend in Stampfen verdichtet wurde.

Diese Kalandersteine wurden aus der Kerspetalsperre geborgen und stehen am Ortsausgang von Rönsahl
Die Pulverkuchen, die dabei entstanden, wurden durch Siebe gepresst, damit kleine Brocken entstanden. Nun musste nur noch in Trockenhäusern die Restfeuchte aus dem Pulver getrocknet werden. Damit sich das Pulver nicht wieder entmischte, wurden die Brocken mit Grafit ummantelt.

Im Wippertal findet man an den meisten Pulvermühlenplätzen die Infrastruktur von mehreren Mühlen. Das deutet wohl daraufhin, dass die verschiedenen Arbeitsschritte in verschiedenen getrennten Gebäuden stattfanden. Die Reste dieser Gebäude reihen sich entlang der Obergräben. Zwischen den Mühlengebäuden waren immer wieder Erdbunker, in denen die halbfertigen Produkte zwischengelagert wurden.

Diese Gebäude waren mit hohen massiven Wällen voneinander getrennt. Auch hatten die Gebäude nur leichte Dächer und in der Regel eine leichte nicht sehr stabile Wand. Kam es zu einer Explosion,

von Helmut Bremecker und Norbert Klein wurde das Modell einer Pulver- mühle gebaut. Dieses Modell kann jetzt in der Historischen Brennerei besichtigt werden
konnte sich die Druckwelle leicht ausbreiten und die anderen Gebäude waren geschützt.

Um so wenig Menschenleben, wie möglich, in Gefahr zu bringen, waren in einem Gebäude nur max. 2 Personen beschäftigt. Damit es zu keiner Funkenbildung kam, waren die Werkzeuge aus Kupfer und die Arbeiter trugen Schuhe aus Stroh. Pause machten die Pulvermacher in einen „Tabakshäuschen". Auf dem Weg dorthin reinigten sie ihre Kleidung vom Pulverstaub.

Die hohe Zeit der Pulverproduktion war im 19. Jahrhundert. Immer wieder versuchten sich Pulverfabrikanten mit Experimenten. Man wollte die Qualität und die Wirkung des Pulvers immer weiter verbessern. Doch mit der Erfindung des Dynamits 1866 und den Verbot von Schwarzpulver im Kohlebergbau zeichnete sich immer deutlicher das Ende der Schwarzpulver-Industrie ab. Mit dem ersten Weltkrieg gab es nochmal ein neues Hoch in der Pulverindustrie. Die Versailler Verträge bedeuteten dann aber das Aus für alle Pulvermühlen, die Militärpulver produziert hatten. Diese Mühlen wurden einfach gesprengt oder die Anlagen gingen als Reparationszahlung an die Siegermächte. Nur Pulver für zivile Zwecke durfte noch produziert werden, aber da es bessere Sprengstoffe gab, nahm die Nachfrage immer mehr ab. An der oberen Wipper kam das Ende der Pulverindustrie 1932 mit der Explosion der letzten Pulvermühle.

Text: Karl-Friedrich Marcus ( Mai 2014)

Quellen: "Die Pulvermühlen von Meckelfeld und Bomlitz" von Carsten Walczok, Informationen von Horst Becker und Helmut Bremecker