Wie aus der Dynamitfabrik der Märchenwald wurde....
Die Pulverfabrikanten von „Cramer & Buchholz" erkannten die Zeichen der Zeit und begannen 1885 am Rehberg oberhalb von Gogarten mit der Erbauung einer Dynamitfabrik.
Auf dem Gelände entstanden mehrere Gebäude, unter anderem ein Kesselhaus mit einem dicken Schornstein. Einfache leichte Holzhütten, in denen das Dynamit gemischt wurden, waren von dicken Wällen umgeben. 32 solcher quadratischen Wallanlagen mit jeweils einem Holzhaus waren auf dem weitläufigen Gelände errichtet. Untereinander verbunden waren die Häuser mit schmalen versetzten Durchlässen in den Wällen.
Im Falle der Explosion verhinderten die Wälle Schäden an den benachbarten Häusern. Der Druck ging nach oben weg und durch die versetzt angelegten Durchlässe in den Wällen konnten sich Feuer und Druckwellen nicht weiter ausbreiten. In den wenigen Jahren, in denen Dynamit produziert wurde, kam es zu vier Explosionen, bei denen insgesamt elf Menschen ihr Leben ließen. Nach jeder Explosion wurden die zerstörten Häuser und Eingänge wieder aufgebaut.
Im Jahre 1893 wurden auf dem Gelände zwei Dampfmaschinen betrieben und 42 Arbeiter waren beschäftigt. Aber schon 1898 wurde die Produktion wahrscheinlich aus Rentabilitätsgründen aufgegeben.
Die Gebäude wurden fast alle abgerissen und die Wälle mit Fichten bepflanzt.
In den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts begann der im Zuge der Weltwirtschaftskrise arbeitslos gewodenene Feilenhauer Hermann Schmitz mit dem Bau einer Miniaturmühle, deren Wasserrad am kleinen Teich auf dem ehemaligen Fabrikgelände lustig klapperte. Dies war der Ursprung des späteren Märchenwaldes. Schon im Krieg gab es dort eine kleine Gastwirtschaft.

Nach der Währungsreform im Jahre 1948 entstand dann nach und nach der Märchenwald, den Generationen von Oberbergern und benachbarten Märkern kennen- und liebenlernten. Der handwerklich sehr begabte Hermann Schmitz setzte ein Märchenthema nach dem anderen um und baute kleine Häuschen, in denen die kleinen Märchengestalten einzogen. Schon jetzt wurden die ersten Figuren mechanisch bewegt.
Eifrige Nachfolger fand Hermann Schmitz in seiner Tochter und dem niederländischem Schwiegersohn Hermann Boots, die den Märchenwald ohne fremde oder öffentliche Hilfe weiter ausbauten. In den 50er Jahren war eine Eisenbahn dazugekommen, aus einer Kirche erklang ein Glockenspiel und ein Zwergenchor spielte und sang das „Bergische Heimatlied".
Auf Knopfdruck ließen sich sich die Märchenfiguren „zum Leben erwecken".
Etwa 20 Jahre später hatte die Familie eine neue Idee und baute den oberen Teil des Geländes zu einem kleinen Tierpark aus. Bald konnte man dort ein paar Hirsche beobachten. Bald gesellten sich Zwergziegen, Kaninchen und allerlei Federvieh hinzu. Ziegenbock Fridolin und Affendame Minka wurden zu den Lieblingen der immer zahlreicher werdenden Besucherschar. Von weit her reiste man an und die Familie verkaufte Ende der 1970er Jahre rund 20000 Eintrittskarten pro Saison. Neben dem Märchenwald wurde der Tierpark zu einer Attraktion.

Doch als in den 1980er Jahren die ersten Freizeitparks eröffneten, merkte die Familie, dass die Besucherströme nachließen. Schwere Zeiten brachen an, die Konkurrenz wurde zu übermächtig. So blieb der Familie, in der mittlerweile schon die nächste Generation mitarbeitete, nur die Schließung.
Im März 1985 kaufte der Ohler Fabrikant Wilhelm Kerspe das gesamte Gelände. Eine Zeitlang gelang es ihm, die Funktionen der Eisenbahn und anderer mechanisch bewegter Märchenensembles aufrecht zu erhalten. So fuhr jeden Tag die Eisenbahn per Zeitschaltuhr eingeschaltet ihre Runden, damit die Gleise nicht einrosteten. Eine Dauerlösung war das aber nicht. Notgedrungen wurden die Figuren abmontiert und die Eisenbahn eingelagert.
Nach und nach holt sich nun die Natur das Gelände wieder zurück. Das Dornröschenschloss als eines der wenigen noch stehengebliebenen Gebäude wird mehr und mehr von Efeu und Heckenrosen zugewuchert und lässt bei seinem Anblick Kindheitserinnerungen an das Märchen von Dornröschen aufkommen.

Quelle: Informationen und Zeitungsberichte von Herrn Wilhelm Kerspe