Die letzten Jahrzehnte und das Ende der Pulverindustrie
In den 1880er Jahren begann in den Pulvermühlen von der Firma Cramer & Buchholz die Produktion von rauchschwachem Pulver, nachdem sich A. Nobel die Erfindung und Herstellung von rauchlosem, sogenannten Würfelpulver patentieren ließ. In dieser Zeit soll möglicherweise von der Firma Cramer & Buchholz der Anstoß für die Gewehrplättchenfabrikation ausgegangen sein.

Schon 1889 wurden die Fabriken von Cramer & Buchholz in die mächtige und Europas größte pulverproduzierende Gesellschaft „Vereinigte Köln - Rottweiler Pulverfabriken AG" eingegliedert. Das damals für das Kartell so wichtige Militärpulver wurde bei Cramer & Buchholz aber nur in dessen Zweigbetrieb in Rübeland im Harz hergestellt.

Unterdessen versuchten sich die von L. Heuser geleiteten „Rönsahler Pulverfabriken AG" mit der Herstellung von prismatischem Pulver. Sie übernahmen sich aber an kostspieligen Versuchen und gingen 1890 in Liquidation. Glücklicherweise kaufte das Bankhaus Voswinkel zu Hagen diese Pulvermühlen auf und begann schon bald wieder mit der Fabrikation. Schon 2 Jahre später beschäftigte die neue Firma „Rönsahler Pulverfabriken Gebr. Voswinkel" wieder 50 Arbeiter. Das Ende kam schon 1895 mit dem Konkurs des Bankhauses. Diese nun wieder stillgelegten Pulvermühlen und deren Grundstücke wurden von der Fa. Cramer & Buchholz übernommen, die wiederum das Gelände nach Abbruch der Gebäude gewinnbringend an die Talsperrengenossenschaft verkaufte.
Wirth schreibt: „Im Jahre 1898 versank der Ort Ballenbrügge, wo Georg Wolter vor fast 300 Jahren die erste Pulvermühle angelegt hatte, in den Fluten der Lingesetalsperre".

Nach und nach forderte der Verdrängungsprozess des neuen Stoffes Dynamit dem Schwarzpulver Tribut. Dynamit ließ sich weitgehend weniger gefahrvoll herstellen und auch zu transporieren. Ein schwerer Rückschlag war das Verbot der Verwendung von Schwarzpulver in den Kohlebergwerken.
Seit 1900 durften dort nur noch Dynamit oder spezielle Sicherheitssprengstoffe eingesetzt werden.

Diese Entwicklung erkannten auch die Inhaber der Pulverfariken Cramer & Buchholz. So kam es zum Bau der Rönsahler Dynamitfabrik in Gogarten. Diese wurde in die neugegründete „Rheinisch-Westfälische Sprengstoff AG", Köln eingegliedert, in der Eugen Buchholz Mitglied im Aufsichtsrat wurde. Jedoch wurde die Rönsahler Dynamitfabrik nach nur wenigen Jahren wieder stillgelegt, wahrscheinlich wegen des ungünstigen Standortes. Heute kann man die Wallanlagen der Fabrikanlagen im Wald oberhalb des ehemaligen Märchenwaldes in Gogarten noch finden.
Wälle der Dynamitfabrik in Gogarten am Rehberg
Im militärischen Bereich lösten die rauchlosen Pulver, Schießbaumwolle und Nitroglyzerin das Schwarzpulver ab. Daher verlagerte sich die Produktion der Fa. Cramer & und Buchholz wie schon erwähnt, mehr und mehr nach Rübeland im Harz, denn in Rönsahl waren für die Herstellung von Militärpulver keine Produktionseinrichtungen vorhanden. Schließlich wurde 1912 der Geschäftssitz nach Hannover verlegt.
In dieser Zeit mussten weitere Mühlen der neugebauten Kerspe-Talsperre weichen.


Nach dem ersten Weltkrieg mussten die Inhaber Buchholz ihre Firma Cramer & Buchholz, Hannover an die Köln-Rottweil AG in Berlin verkaufen. Die noch verbliebenen Pulvermühlen wurden nach und nach stillgelegt, bzw. anderen Funktionen zugeführt. Im Jahre 1923 waren nur noch 10 Pulvermacher beschäftigt. Sie bewohnten Werkswohnungen in Ohl, Krommenohl, Neuenhammer und Kerspe. 1930 wurde die letzte Pulvermühle geschlossen.

Eine 300jährige glorreiche Zeit ist nun Geschichte. Die letzten Zeugen dieser Zeit, die stolzen Villen der Pulverfabrikanten und die Ruinen der Produktionsstätten in den Tälern der Wipper, Becke und Kerspe kann der aufmerksame Geschichtsfreund noch entdecken. Mögen traditionsbewusste Menschen und Behörden diese letzten Relikte alsbald unter Denkmalschutz stellen, damit diese noch weiterhin der Nachwelt erhalten bleiben.

Regina Marcus, im Juni 2008