In alten Gerichts- und Gemeindeprotokollen geblättert.

(ein Bericht von Rainer Crummenerl)


Von Zeit zu Zeit ist es immer wieder einmal spannend, im dicken Buch der Rönsahler Orts- und Kirchengeschichte zu blättern. Dabei tritt dann so manches zutage, das uns Heutige schmunzeln lässt, aber auch als beredtes Zeugnis vom so oft zitierten Wandel der Zeiten gilt und von alltäglichen Begebenheiten aus dem Leben der Menschen berichtet, die vor hundert, zweihundert und zum Teil noch weitaus länger zurück liegenden Jahren im hiesigen Raum lebten.


Dabei tritt vielfach zutage, dass es in Rönsahl als einem Dorf, das – bereits früh mit eigener Gerichtsbarkeit ausgestattet und am Schnittpunkt zweiter bedeutender Handelsstraßen und „an der äußersten südwestlichen Grenze“ Westfalens zur benachbarten Rheinprovinz gelegen, manches zu berichten gab. „Betagter Leute relation“ ( Berichterstattung) und seit Mitte des 16. Jahrhunderts nahezu lückenlos erhaltenen Kirchenbüchern verdanken wir so manches Wissenswerte aus Rönsahls alten Tagen.


So wird in einem Gerichtsprotokollbuch der Gemeinde unter anderem Folgendes festgehalten:

„ 1680: Carl Eichhorn auf dem Loe verklagt die Engel (Angela) zum Stade, wie dieselbe in seiner Loer Kirchenbank mit dem Gesinde eingehe, und wenn seine Frau und Töchter kommen, denselben nicht weichen wolle, obschon die Benutzung der Bank nur als Vergünstigung anzusehen ist, da er der Beklagten das Recht zur Benutzung der Bank nur deswegen eingeräumt habe, weil es nahe bey dem Predigtstuhle wehre. – Die Bank ist in vorigen Kriegszeiten von den Kriegern verbrennet worden. Der Beklagten wird anbefohlen, den Kirchenstand zu verlassen und das bredt ( Brett) welches ihre Vorsassen zum Sitz dieser Kirchenbank verlehnet, anderwärts in der Kirchen, jedoch ohnhinderlich anderer anzubringen..“


1681 heißt es: „Trine Hollewege ist wegen unsittlichen Lebenswandels bestraft worden und kann die Strafe nicht bezahlen. Diese verpflichtet sich, der Obrigkeit nicht zu entweichen, sondern sich allemal gehorsambst einzustellen und zu erscheinen, bath umb Gottes Willen der eysen der noch eins zu erlassen und zu relanieren. Der Bitte wurde entsprochen...“


Diese Trine Hollewege schien auch sonst „nicht ohne“ gewesen zu sein, denn 1692 heißt es: „ Liese und Trine Hollewege müssen sich dafür verantworten, dass sie am Sonntag gegen öffentlich „proclama“ gefrevelt, nicht in die ihr angewiesene (Kirchen)- Bank sondern in eine anderen Leuten angewiesene Bank gegangen, und die darin eingewiesenen Leute daraus vertrieben. Dieselben behaupten zwar ihr altes Platzrecht, ohnangesehen es ihnen anders befohlen wurde. – Da die 5 Goldgulden Brüchte( Strafe) nicht geleistet wurden, mussten die Beklagten „mit der Eysen“ bestrafet werden..“


Dazu muss man wissen, dass es in früheren Jahrhunderten üblich war, dass alteingesessene Familien und honorige Bürger ihre von der einen auf die andere Generation vererbbaren festen Sitzplätze in der Kirche hatten, wie das mehrfach berichtet wird und auch anhand eines heute noch vorhandenen Teils einer Kirchenbank aus früheren Jahrhunderten, das einen „Klas zu Kleinen Fastenrath“ als berechtigten Nutzer ausweist, nachzuweisen ist.. Gleiches galt auch für die Begräbnisstätten auf dem Kirchhof (Friedhof).


Besagter Klas Zu Kleinen Fastenrath wohnte in Kleinfastenrath, einem Gehöft, das schon damals kommunalpolitisch gesehen zur rheinischen Nachbargemeinde Klüppelberg (heute Stadt Wipperfürth) zählte, deren evangelischer Bevölkerungsanteil sich aber von jeher zur Kirche in Rönsahl und zum Teil auch in Halver hielt, weil die protestantische Minderheit im Einzugsbereich der streng katholischen rheinischen Nachbarstadt noch lange nach Einführung der Reformation an freier Glaubensausübung gehindert wurde. In jenen Jahren machte der rheinische Anteil nahezu 2/3 der der Rönsahler Kirchgänger aus, wie es einmal dazu heißt. Das änderte sich erst, als es nach dem großen Dorfbrand in Rönsahl im Jahre 1766 und dem danach notwendigen Wiederaufbau des Kirchenschiffes, zu dem die bergischen Parochianen beitragen sollten, zu Streitigkeiten und in deren Folge in späteren Jahren zur Gründung einer eigenen Gemeinde und zum Kirchenbau in Klaswipper kam. Aber das ist nun wiederum eine eigene Geschichte, die ein anderes Mal zur Sprache kommen soll..... Cr.-


Bild: Ein noch heute erhaltenes Fragment einer alten Kirchenbank erinnert an die Zeit, als die Sitzplätze in der Rönsahler Servatiuskirche noch von Generation zu Generation vererbt wurden, also fest im Familienbesitz waren und daher nur von den Mitgliedern der jeweiligen Familie genutzt werden durften. (Foto Crummenerl)