Berufe in Handwerk und Industrie in Rönsahl – von früher bis heute


Was haben die Rönsahler gearbeitet, womit haben sie ihren Lebensunterhalt verdient? Wie war das früher?



Fangen wir mal ganz früh an. Unsere Geschichte beginnt mit dem Auftauchen der ersten Menschen in unserer Gegend. Dies wird in der Epoche, die Alt­steinzeit (vor 600 000 bis 11 500 Jahren) genannt wird, geschehen sein. In Europa lebte der Frühmensch Ne­andertaler, benannt nach dem Fundort, dem Neandertal bei Düsseldorf, wo erstmals Skelettreste dieser Menschengattung gefunden wurden. Der Nean­dertaler war Jäger und Sammler. Er jagde das damals im bei uns während und zwischen den Eiszeiten überwiegend vorherr­schenden kühlen Klima Großwild wie Wollnashorn, Mammut und Rentier und stellte sich Jagdwaffen und Werkzeuge, wie Messer und Schaber aus Stein­material her. Der Neander­taler starb vor 30 000 Jahren aus und seine Lebens­räume nahm der bereits vorher aus Südwestasien eingewanderte moderne Mensch Homo sapiens ein. Neben der bekannten Neandertaler-Fundstelle nahe Düsseldorf wurden zahl­reiche Funde aus der Altsteinzeit in den Höhlen des Hönnetals und der Balver Höhle geborgen. Obwohl Horden oder Klein­gruppen von Altsteinzeitmenschen unsere Gegend auf ihren Jagdzügen durchstreift haben könnten, wurden bis­her keine Hinterlassenschaften von ih­nen bei uns gefunden.

In den periodisch auftretenden Eiszeiten war unser Land unbewohnt. Als nach der letzten Eiszeit die Erwärmung zunahm und mit der Begrünung des Landes das Wild wie Auerochsen, Rehe und Elche auftrat, wanderten auch wieder Menschen ein (Mittelsteinzeit, vor 11 500 bis 7300 Jahren). Auch sie waren Jäger und Sammler, die vermutlich während des Sommerhalbjahres in Kleinverbänden auf Jagdstreifzüge in die rauheren Gegenden des Berglan­des zogen. Sie machten Jagd auf das nun vorherrschende Kleinwild bis zur Größe des Rentieres. Entsprechende Jagd­waffen aus Stein, die zierlicher und feiner gearbeitet waren, stellten diese Jä­ger aus geeignetem Steinmaterial wie Feuerstein (Flintstein), Quarzit oder Kieselschiefer her. Von diesen mittel­steinzeitlichen Jägern wurden in unserer Gegend zahlreiche Steinartefakte ge­funden. Besonders in den 1960-70er Jah­ren wurden systematisch die Felder bei Lüdenscheid, Halver und Kierspe ab­gesucht und anhand der Fundkonzen­tration mehrere als Rast- und Lagerplät­ze bezeichneten Stellen festgestellt (siehe Buch von Manfred Sönnecken: Funde aus der Mittel-Steinzeit), wo neue Jagdwaffen und Werkzeuge hergestellt wurden. Die ge­funden Teile sind als Reste der Steinbearbeitung beim Schlagen z.B. von Pfeil­spitzen oder Klingen anzusehen. Auf Rönsahler Ortsgebiet wurden bis­her drei Artefakte gefunden: einen Kernstein aus Flintstein auf einem Acker bei Heukelbach und zwei kleine Abschläge ebenfalls aus Feuerstein auf dem Höhenrücken des Wernscheides. Auch diese Funde deuten jeweils auf einen Lager- oder Rastplatz hin, wo neue Waffen hergestellt wurden. Das Rohmate­rial der Abschläge vom Wernscheid bestehen aus baltischem Feuerstein, ein häufig verwendetes Rohmaterial von der Ostseeküste oder aus dem näher gelegenen eiszeitlichen Geschiebe der Endmoränen im Ruhrgebiet. Möglicher­weise betrieben die Steinzeitmenschen bereits eine Art Handel, um an die be­gehrten Rohstoffe zur Steinbearbeitung zu kommen.

Fassen wir zusammen in Bezug auf die Tätigkeiten, die die Steinzeitmenschen zu verrichten hatten:

Als Jäger ernährten sie sich hauptsächlich von erbeuteten Wild, welches sie zerlegten und am offenen Feuer zubereiteten. Sie stellten ihre Jagdwaffen und Zerlegungswerkzeuge aus Steinmaterial, welches sie zum Teil aus weit entfernten Gegenden holten, selbst her. Felle und Sehnen der erlegten Tiere wurden auch genutzt, z.B. für Kleidung, Decken, Zeltbau. Holz wurde verar­beitet zum Schäften von Äxten und für Pfeil und Bogen, sowie zum Bau von Zelten oder Hütten. Die Nahrung wurde ergänzt durch das Sammeln von Beeren und Nüssen. Die Kleidung stellte man aus Fellen und Pflanzenmateri­al her und es gab auch schon Schmuckstücke wie Perlen aus Holz, Stein, Muscheln, Schneckengehäuse, Horn. Aus Birkenrinde konnte ein guter Kleb­stoff zum Schäften von Speerspitzen und Harpunen hergestellt werden. Die Verstorbenen wurden oft mit Grabbeilagen bestattet. Im Totenkult, wahr­scheinlich auch im spirituellen Leben spielten rote Farbpulver aus Hämatit oder Ocker eine große Rolle. Rohstoffe wurden zum Teil von weit her geholt. Möglicherweise gab es eine Art Tauschhandel.

Vor 7300 (Jungsteinzeit, bis vor 4000 Jahren) gab es einen großen Um­bruch. Es wanderten, wiederum aus dem südwestasiatischen Raum, Men­schengruppen ein und brachten ganz neue Kenntnisse mit: Acker­bau und Viehzucht. Von nun an wurden die Menschen sesshaft. Die Jagd diente nicht mehr vorrangig zur Nahrungsbeschaffung. Wald wurde gerodet, Felder ange­legt, dauerhafte Holzhäuser gebaut. Die neue Ernährung aus Ge­treide und Milch erfordeten Vorratshaltung und dafür Behälter aus Keramik. Körner wur­den auf Hand-Getreidemühlen aus Stein gemahlen und Brot geba­cken. Es mussten ganz neue Geräte hergestellt werden. Weiterhin wurde dazu Stein­material genutzt. Neben dem schon lange als Jagdgefährten gehal­tenen Hund wurden jetzt Tiere wie Schafe, Ziegen und Rinder gezüchtet. Der Hund wurde zum Hüte­hund und der Wald zur Weide.

Die Jungsteinzeitmenschen siedelten vorrangig in den vom Klima begünstig­ten Ebenen und großen Täler, wo sie einen fruchtbaren Boden vorfanden. Möglicherweise wurden weiterhin Jagdstreifzüge in die Bergländer gemacht. Jedenfalls scheint unsere Gegend vom Jungsteinzeitmenschen gemieden wor­den zu sein, darauf deutet die Fundleere hin.

In der nachfolgenden Bronzezeit vor 4000 Jahren entdeckte der Mensch die Metallbearbeitung. Obwohl noch weiter Steinwerkzeuge genutzt wurden, er­setzte der neue Werkstoff Bronze aus 90 % Kupfer und 10 % Zinn den Stein für die Waffenherstellung. Speerspitzen, Beile und Äxte wurden vorrangig aus Bronze gegossen. Auch Kultgegenstände wie Tierfiguren, Prunkbeile oder die einmalige weltbekannte Himmelsscheibe von Nebra entstanden in der Bron­zezeit. Im Bestattungskult wurden nun die Toten verbrannt und in kerami­schen Urnen unter Hügelgräbern bestattet.

Auch für die Bronzezeit gilt für uns Fundleere. Ein einzelnes Bronzebeil wurde im Herscheider Raum gefunden. Ob hier eine Siedlung bestand, konnte nicht festgestellt werden. Noch müssen wir davon ausgehen, das keine bronzezeit­lichen Menschen auf Rönsahler Grund gesiedelt haben. Das gleiche gilt für die folgende Eisenzeit, die von vor 2750 Jahren bis Christi Geburt ging. Das fast überall verfügbare Eisen als neuer Werkstoff brachte nun Unabhängigkeit vom überregionalen Metallhandel, wie er für die Bronzezeit notwendig gewe­sen war. Eisenzeitliche Siedlungen gab es weiterhin in den wärmeren und fruchtbaren Gegenden am Rhein und in der Hellwegzone. Als neue Sied­lungsräume, allein durch das ergiebige und leicht verfügbare Eisenerzvorkom­men begünstigt, gelten nun das östlich angrenzende Sauerland und das Sie­gerland. Hier gab es rege Bergbau- und Verhüttungstätigkeiten von keltisch beeinflussten Völkern. Sie errichteten Ringwälle auf Bergeshöhen als Schutz­bauten und für kultische Zwecke. Reger Handel wurde nun betrieben und dazu überregionale Altwege als Handelswege genutzt.

Nach der Eisenzeit folgte die Römische Kaiserzeit, die bis zum Beginn des Mit­telalters um 500 n. Chr. reichte. Die Römer beherrschten die Länder am Rhein, kamen aber nicht in unsere Gegend. Weiterhin scheint unsere Heimat immer noch nicht besiedelt gewesen zu sein.

Das ändert sich erst im Mittelalter, aber auch erst im 8. Jahrhundert. Denn dann scheinen fränkische Siedler auf der Suche nach Erzen in die höheren Lagen gezogen zu sein. Bei der Ortslage Stöcken wurden Keramikscherben aus dieser Zeit des frühen Mittelalters gefunden, die jetzt auch im Siedlungs­zusammenhang zu deuten sind. Die Aufsiedlung unserer Gegend erfolgte durch Franken aus dem Rheinland und etwas später durch sächsische Völker aus dem westfälischen Raum. Möglicherweise nutzten sie die schon beste­henden Altstraßen, jedenfalls erfolgte nun ein Ausbau bzw. eine Neuanlage von Handelswegen wie die Heidenstraße, der Nutscheid, der Hellweg und die Eisenstraßen (Dortmund-Frankfurter-Straße). Wie erwähnt, war das reiche Vorkommen von Erzen ein wichtiger Grund für die Besiedlung unserer Hei­mat. Bergbau wurde zunächst durch Aufsammeln von oberflächlich anstehen­den Moltersteinen (Erzklumpen) betrieben und das Erz in Rennöfen verhüttet (8. - 13. Jahrhundert). Auf Rönsahler Gebiet wurde bei Dörscheln ein Renno­fenstandort gefunden.

Das Roden des Waldes war vermutlich namengebend für die ersten Siedlun­gen wie auch der alte Name von Rönsahl: „Rodensall“ darauf hindeutet. Eine Theorie weist die Siedlungen mit der Endung -inghausen als sächsische Grün­dungen aus. In Urkunden tauchen im 11. Jahrhundert erstmalig die Höfe Glietenberg und Haarhausen auf. Rönsahl wird erst 1399 erstmals genannt.

Die fränkischen Erstbesiedler waren vermutlich schon Christen und bauten die ersten Kapellen. Ein Vorgängerbau der Servatiuskirche wird vermutlich zu­nächst eine Kapelle gewesen sein. Auf der Nott soll nach alten Überlieferun­gen eine Kapelle gestanden haben. Wegen ihres Heilwasser sind die Quellen des Mehlborn zwischen Nott und Dörscheln und der Servatiusbrunnen als hei­lige Quellen überliefert.


Als Berufe, bzw. Erwerbstätigkeiten zu Zeiten den frühen bis hohen Mittelalters können vermutet werden (ohne Abspruch auf Vollständig­keit):

Holzbearbeitung: Waldarbeiter, Roder, Holzzurichter (für Bohlen und Bretter für Hausbau), Stellmacher (Wagenbau, Zäune), Tischler (für Fenster, Türen, Möbel, Geräte aus Holz), Zimmerleute, Küfer (für Fässer und Holzbehälter), Köhler, Lohgerber

Steinbearbeitung: Steinbrecher (im Steinbruch) (Bruchsteine für Hausfundamente, Grundmauern und Untergeschosse, Kirchturm als Wehrturm, Schweine- und Umfassungsmauern), Steinmetze (Grabsteine, Spülsteine, Tröge, Mahl- und Schleifsteine), Kalksteinbrecher und Kalkbrenner (Kalk für Hausbau, Kälken, Dünger und Verhüttungszuschlag)

Lehm aus Lehmkuhlen für Fachwerkbau, Töpfer

Metallverarbeitung: Bergleute, Hüttenleute (Rennöfen, Massenhütten), Schmiede, Hammerwerker, Schlosser

Landwirte als Milchbauern, Viehzüchter und Getreide- und Fruchtanbau, Heilkräuter, Flachs, Hirten, Schafhirten

Jäger, Fischer

Nahrungszubereitung: Müller (Getreide, Ölfrüchte), Bäcker, Metzger, Butter

Textilien: Flachsbearbeitung, Wollspinner, Weber, Schneider

Handel aller Art

Richter, Vogt, Verwalter, Vorsteher

Prediger

Heilkundler, Ammen